Ältere Einfamilienhausgebiete neuen Bedarfen anpassen
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Immerhin rund 15 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser zählen allein im Westen Deutschlands zum Wohnungsbestand. Dieser eher suburbane Wohnungstyp erfreute sich seit den 1950er Jahren großer Beliebtheit, und zwar sowohl in den Kernstädten als auch in den Städten und Gemeinden des suburbanen Raums und in ländlichen Gemeinden. Das klassische Eigenheim für Familien mit Kindern ist jedoch zwischenzeitlich in vielen städtebaulichen Lagen in die Jahre gekommen. Gleiches gilt für viele Bewohnerinnen und Bewohner dieser Immobilien. Die individuellen Anforderungen an das Wohnen ändern sich, wenn Kinder das Haus verlassen und die Wohnsituation dem Alter angepasst werden muss. Viele Erwerber alter Immobilien wiederum müssen Häuser an ihre Bedarfe und an zeitgemäße Bau- und Energiestandards anpassen. In vielen von Ein- und Zweifamilienhäusern geprägten Ortsteilen vollzieht sich ein Generationenwechsel.
Hierin liegen Chancen und Herausforderungen zugleich. Innenentwicklung durch Anpassung und generationengerechte Weiterentwicklung von älteren Ein- und Zweifamilienhausgebieten gelingt nur durch eine Steigerung der Qualität von Quartieren insgesamt. Attraktive Quartiere sollten geeignete Wohnformen für alle Generationen bieten. Während zu Entstehungszeiten der Quartiere Familien mit Kindern die Bewohnerschaft dominierten, sind dort heute auch Wohnungen für Singles, Senioren oder Gemeinschaftsprojekte gefragt. Senioren, die das inzwischen zu groß gewordene Eigenheim aufgeben möchten, fragen barrierefreie Wohnungen in ihrem angestammten Wohnumfeld nach. Freiräume, öffentlicher Raum und Versorgungsinfrastrukturen müssen ebenso angepasst oder hergestellt werden, wie Mobilitätsangebote jenseits vom eigenen Auto. Eine Qualifizierung und Diversifizierung des Wohnungsbestands kann dazu beitragen, Wohnstandortalternativen zum Eigenheim auf der grünen Wiese in inzwischen semizentralen Lagen der Städte zu entwickeln. In vielen Städten und Gemeinden mit hoher Wohnungsnachfrage haben derart attraktive Quartiere gute Perspektiven. In nachfrageschwachen Kommunen erscheint die Qualifizierung älterer Ein- und Zweifamilienhausgebiete umso dringlicher, wenn die rückläufige Innenentwicklung durch eine Spirale von schleichender Verminderung von Wohnungsbesatz und Siedlungsdichte bis hin zum Leerstand vermieden werden soll. Zum konsequenten Umsteuern weg vom Bauen auf der grünen Wiese hin zur Qualifizierung des Wohnbestands besteht hier keine sinnvolle Alternative. Hier geht es neben Fragen der kommunalen Daseinsvorsorge schlicht auch um die Werthaltigkeit von Immobilien und die Frage der Altersvorsorge ihrer Besitzerinnen und Besitzer.
In den Städten und Gemeinden gilt es, die fachübergreifenden Zusammenhänge, Herausforderungen und Synergieeffekte in städtebaulicher, baulicher, funktionaler und sozialer Hinsicht zu erkennen, zu analysieren und planerisch zu bewältigen, bevor die Qualifizierung derartiger Quartiere in die Umsetzung kommt.
Wie die betroffenen Kommunen passfähige Handlungskonzepte für die Anpassung und Aufwertung von Ein- und Zweifamilienhausgebieten erstellen und laufende Planungen mit den Zielen der Quartiersentwicklung abstimmen können, wird zum Beispiel in der Handreichung „Ältere Einfamilienhausgebiete – fit für die Zukunft!“ der Bayerischen Staatsregierung dargestellt.
Weitere Informationen
Andrea Berndgen-Kaiser, Christian Krajewski: Ältere Ein- und Zweifamilienhausgebiete
in Westdeutschland im Umbruch, vhw FWS 4 / Juli – September 2015
Bernd Mielke: Förderansätze für Einfamilienhausgebiete im Umbruch, vhw FWS 4 / Juli – September 2015
Sabine Müller-Herbers, Manuela Skorka: Zwischen altmodisch, begehrt und neuen Entwicklungschancen, Anpassungsstrategien für ältere Einfamilienhausgebiete, Informationen zur Raumentwicklung, Heft 3.2016